Rechtstipp
20.11.2017 Rechtstipp 11/2017 Formfehler bei der Gewerberaummiete
Im Heft Impulse 10/2017 wird ein Problem dargestellt, welches bei vielen Gewerberaummietverhältnissen auftreten kann:
§ 550 BGB schreibt für die Form insbesondere von länger laufenden Gewerberaummietverträgen vor, dass sie in schriftlicher Form geschlossen werden müssen. Dabei bedeutet Schriftform, dass der Mietvertrag von allen Parteien (grundsätzlich auf derselben Urkunde) eigenhändig unterzeichnet werden muss. Irgendwelche Erklärungen, Bestätigungen etc. per Telefax oder per E-Mail sind nicht ausreichend.
Dabei müssen die Unterschriften den gesamten Vertragstext decken, also am besten stehen sie unter dem Text, wo derselbe endet. Dabei sind im Vertragstext bezeichnete Anlagen grundsätzlich mit abgedeckt, müssen also nicht gesondert unterzeichnet werden.
Das hierbei aufgestellte Erfordernis „dieselbe Urkunde“ verlangt die Unterschriften in einer einzigen Urkunde, der Abschluss per Briefwechsel ist nicht schriftformgerecht.
Diesen Erfordernissen wird in der Praxis in der Regel Beachtung geschenkt. Was aber problematisch ist, ist Folgendes:
Derzeit ist beim Bundesgerichtshof ein Rechtsstreit zwischen einem Arzt und dem Hauseigentümer anhängig, den der Arzt in den ersten beiden Instanzen verloren hat. Die Immobilie, in der sich seine Praxis befindet, ist verkauft worden, der neue Eigentümer hat den langfristigen Mietvertrag, aufgrund dessen der Arzt erheblich investiert hat, gekündigt mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Quartalsende.
Möglich ist die Kündigung geworden, weil der Arzt sich mit dem Voreigentümer, mit dem er den Mietvertrag abgeschlossen hatte, mündlich darauf geeinigt hatte, er bekommt einen zusätzlichen Kellerraum für die Lagerung seiner Akten. Für den ursprünglichen Mietvertrag hatte diese mündliche Abrede die Konsequenz, dass das Schriftformerfordernis nicht mehr eingehalten worden ist, der Vermieter hat (aus § 580 a Abs. 2 BGB) die Möglichkeit der Kündigung mit der vorgenannten Frist.
Dasselbe kann passieren, wenn sich die Mietvertragsparteien während der Laufzeit des Mietvertrages mündlich auf einen Rabatt oder eine an sich läppische Mieterhöhung von nur 1,5 % (vom BGH ausdrücklich so entschieden) geeinigt haben. Dasselbe gilt, wenn im Mietvertrag als Mietzweck angegeben wird „die Lagerung von Stoffen und Kurzwaren“, während in Wahrheit der Mieter Waren wie Getränke etc. lagert.
All die genannten Abweichungen hätten in einem Nachtrag schriftlich unter Bezugnahme auf den Mietvertrag festgehalten und von beiden Seiten unterzeichnet werden müssen.
Dasselbe kann passieren, wenn der ursprüngliche Mietvertrag Fehler enthält, beispielsweise, wenn die Mietfläche nicht genau bezeichnet ist, auch hier hat der BGH einen Formverstoß angenommen.
Das Ganze ist insbesondere für den Mieter gefährlich, wenn er im Vertrauen auf eine lange Laufzeit Investitionen tätigt. Beide Seiten müssen während der Laufzeit des Mietvertrages aufpassen, dass sie in keine Falle tappen. Wenn einer der Parteien –ganz gleich aus welchen Gründen- an dem Mietvertrag nicht mehr festhalten möchte, kann er versuchen, dem anderen eine nur mündliche Nebenabrede abzuringen, die gegebenenfalls die baldige Kündigungsmöglichkeit herbeiführt.
Man fragt sich natürlich, was soll das Ganze: Die einschlägigen Vorschriften bezwecken den Schutz von Erwerbern von vermieteten Immobilien, die sich anhand bestehender schriftlicher Vereinbarungen ein zuverlässiges Bild davon machen können, was wirklich vereinbart worden ist. Es gilt also wie überall: Holzauge, sei wachsam!!
Rechtsanwalt Thomas Stein
Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht
Am Zehntenstein 23
65549 Limburg
Telefon: 06431 2 42 06
(Dieser Rechtstipp ist mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Eine Haftung für seinen Inhalt wird nicht übernommen.)
zurück